10/13/2015 – Wer jetzt einen bunten lebendigen Bericht über Stierkampf, Toreros, Flamenco und Tapas erwartet, wird von diesem Text sehr enttäuscht sein. Denn es ist “nur” ein recht individueller und zuweilen auch eigenwilliger Reisebericht, der zwar kaum die üblichen Stereotypen berührt und dennoch Unerwartetes zutage fördert.
Als Reisezeit haben wir uns für Ende März entschieden, um zum einen dem Elend langen, kalten, windigen, virenbeladenen deutschen Vorfrühling zu entkommen und zum anderen nicht einem südspanischen Hitzschlag zum Opfer zu fallen. Wie immer belehrte ich meine Frau oberlehrerhaft, dass sie bloß die warmen Jacken zu Hause lassen soll. Nun, der Wind blies einige Tage ordentlich kühl und manchmal auch regnerisch daher, dass wir uns z. T. deutschem Novemberwetter ausgesetzt sahen.
Nachdem wir in Málaga gelandet waren, erhielten wir von der Firma Sunny Car in der Nähe des Flughafens ganz unkompliziert einen recht günstigen kleinen Mietwagen, was so bereits im Reisebüro gebucht worden war. Von dort aus fuhren wir ca. 50 km in östliche Richtung zu dem kleinen Ort El Morche bei Torox Costa, dessen Strandpromenade interessante Gaumenfreuden zu bieten hat. Das Hotel Santa Rosa war eher klein und das Essen dort war nicht gewöhnungsbedürftig, weil man sich an so etwas besser nicht gewöhnen sollte. Dennoch waren wir mit dem Hotel sehr zufrieden, weil der Balkon direkt über der leichten Brandung angebracht war. Die hervorragende Luft und das schaukelnde Rauschen wiegten uns in einen kindlichen Schlaf.
Nur wenige Kilometer weiter östlich lockte uns wegen des kühlen Windes die “Cueva de Nerja” in ihren dunklen milden Schlund. Dieses riesige System von Tropfsteinhöhlen zu besuchen lohnt sich auf jeden Fall, auch dann, wenn es draußen schön ist, denn sie birgt eine Besonderheit: bei einem mittelschweren Erdbeben waren einst große Stalaktiten von der Höhlendecke abgebrochen und erzeugen dort heute ein ganz einzigartiges Höhlen- und Lichtchaos.
Andalusiens arabische Vergangenheit
Das Besondere an Andalusien ist natürlich seine wechselvolle Geschichte und die Tatsache, dass sich die arabische Kultur, Kunst und Architektur in diesem südlichen Bereich der Iberischen Halbinsel am Längsten halten konnte. Dabei ging es nicht nur immer um Krieg zwischen den Religionen. Über längere Zeitstrecken existierten hier sogar Christen und Araber einträchtig nebeneinander und profitierten voneinander. Das Ergebnis dieser gegenseitigen Akzeptanz heißt Andalusien. Aus diesem Grunde muss jeder Tourist La Alhambra und den angrenzenden “Garten des erhabenen Paradieses” (Generalife) in Granada besuchen.
Lange Wege gut zu fahren
Der staugeplagte deutsche Pendler staunt über den angenehmen ruhigen Verkehrsfluss auf den völlig mautfreien Autobahnen Andalusiens. Das Land ist groß und die Wege zwischen Andalusiens Zentren Málaga, Almeria, Granada, Córdoba, Sevilla, Huelva und Cádiz sind weit, da muss man schon mal 300 km fahren, aber es lohnt sich, zögern Sie nicht, den weiten Ausflug zu machen. Die Strecken sind absolut kalkulierbar, man kommt stets eher früher als später an.
Córdoba
Die Mezquita ist das Highlight von Córdoba, denn sie strahlt so etwas wie Fairness oder Achtung gegenüber den Besiegten aus. Hier hatte der Sieg der Christen über die Mauren eben nicht zur hasserfüllten totalen Zerstörung jeder Erinnerung an die Araber geführt, sondern ganz im Gegenteil, weite Teile und Bereiche der ehemaligen maurischen Moschee und Hunderte Säulen dienten hier als werterhaltene Basis für die Errichtung der berühmten Kathedrale von Córdoba.
Gibraltar bedeutet Wind
Wenn man schon mal in Südspanien ist, dann sollte man natürlich auch Gibraltar besuchen, so denken die meisten. Die ganz speziellen geometrischen Gegebenheiten dieser Meerenge zwischen Europa und Afrika hat einen ständigen Düseneffekt zur Folge. Wer Wind liebt, sollte Gibraltar unbedingt besuchen. Wer möglicherweise sogar gesundheitliche Probleme kriegt bei zu viel Zugluft, sollte es besser meiden. Allein der lange Marsch über das freie Flugfeld nach der Grenzüberschreitung in den United Kingdom kann so manchen verzweifeln lassen.
Die Perle Andalusiens
Das ist zweifellos Sevilla. Wer nur kurze Zeit in Andalusien ist und eine klare Auswahl seiner touristischen Ziele treffen muss, sollte Sevilla unbedingt zur ersten Wahl machen. Versuchen Sie mit dem Auto kommend bitte nicht, einen normalen Parkplatz am Straßenrand zu finden, fahren Sie direkt zu einem zentralen Parkhaus und bezahlen Sie die paar Euro. Auf keinen Fall darf man hier die architektonisch anspruchsvolle Parkanlage “Plaza de Espana” verpassen. Man kann hier nur einen kurzen Hinweis geben auf die ganz besondere Atmosphäre dieser quirligen Universitätsstadt, der unbedingt ein eigenes Kapitel gewidmet werden muss.